Die Covid-Pandemie geht mittlerweile in ihr drittes Jahr. Doch die Kinos dürften sich mit der Situation mittlerweile arrangiert haben. Blieben anfangs die Leinwände bundesweit bis zu acht Monate schwarz, und waren zahlreiche Kinobetreiber auf die finanzielle Unterstützung des Bundes angewiesen, durften die etwa 2000 Kinos in Deutschland ab Juli 2021 wieder öffnen. Zwar unterschieden sich die Auflagen von Bundesland zu Bundesland: So konnte man mancherorts seinen Kinobesuch ohne Maske und mit Popcorn genießen, während andernorts größere Abstände einzuhalten waren und eine durchgängige Maskenpflicht herrschte. Dennoch wurde die Öffnung der Kinos allesamt begeistert und freudig aufgenommen. Das lag auch an der großen Anzahl der Filme, die pandemiebedingt verschoben wurde und nun auf Ausstrahlung warteten.
Als der am häufigsten verschobene Film gilt wohl Keine Zeit zu sterben. Ursprünglich hätte die Premiere bereits im Oktober 2019 stattfinden sollen. Doch die Veröffentlichung wurde aufgrund von Nachbesserungen am Drehbuch und einem Wechsel auf dem Regiestuhl – von Danny Boyle zu Cary Joji Fukunaga – auf Februar, dann auf April 2020 verschoben. Nach dem Ausbruch des Coronavirus wurde der Termin sodann in den November 2020, später auf März 2021 und schließlich nochmals in den Oktober verlegt. So groß wie die Vorfreude auf den fünften Bond-Film mit Daniel Craig war, so herb war dann jedoch die Enttäuschung. Keine Spur mehr von Stil, Eleganz und Erotik früherer Filme. Selbst das Geheimnisvolle, das Generationen von Kinobesuchern faszinierte, ist dem wohl bekanntesten Geheimagenten vollständig abhandengekommen. Und das liegt nicht einmal in erster Linie am Hauptdarsteller. Statt eines Actionfilms inszenierte Fukunaga ein zusammenhangloses Familiendrama mit sentimentalem Pseudo-Tiefgang. Damit ist der Film jedoch typisch für einen oberflächlichen Zeitgeist, in dem jegliche Intimität lautstark in Szene gesetzt wird.
Demgemäß melden sich immer wieder Stimmen, die nun endlich einen weiblichen 007-Agenten auf der Leinwand fordern. Schließlich habe Daniel Craig angekündigt, Keine Zeit zu sterben sei sein letzter Bond-Film – der Zeitpunkt könne also besser nicht sein. Besitzt nun also bald eine Frau die berüchtigte Lizenz zum Töten? Zur Rolle des James Bond gehören geschlechterspezifische Eigenschaften, Verhaltensmuster und Gestiken. Die Besetzung dieser Rolle mit einer Schauspielerin, würde den Charakter der Filmreihe grundlegend verändern. Das mag man befürworten oder ablehnen. Sicher ist allerdings, dass es sich bei dem Postulat eines weiblichen Bond um Vulgärfeminismus handelt: Statt lediglich in die Fußstapfen eines anderen Mannes zu treten, schaffen sich selbstbewusste Frauen eine eigene filmische Idenität. Dazu bedarf es gar keines externen Ratschlags, wie etwa die Filme Atomic Blonde und Kate beweisen. Die Etablierung eines von James Bond unabhängigen, weiblichen Charakters ist mithin auch aus feministischer Perspektive erstrebenswert und mithin die weitaus glaubwürdigere Emanzipation.
Das Kino hielt im Jahr 2021 allerdings auch einige sehr sehenswerte Filme bereit. In chronologischer Reihenfolge folgen daher die aus meiner Sicht besten Filme der letzten zwölf Monate. Per Klick auf das Filmposter geht’s zum jeweiligen Trailer. Euch fehlen Filme in dieser Liste? Ab in die Kommentare damit!
I Care A Lot
Film-Genre: Komödie
Kino-Start: 19. Februar 2021
Regie: J Blakeson
Auf den ersten Blick ist Marla Grayson (Rosamund Pike) eine hilfsbereite Frau: Als bei Gericht akkreditierte Betreuerin kümmert sie sich um alleinstehende Senioren. Doch dahinter steht ein knallhartes Business. Denn Grayson hat als rechtlicher Vormund ein gutes Händchen dafür, das Gesetz auszunützen, um sich selbst zu Lasten der Senioren zu bereichern. Doch ihre neue Klientin Jessica (Dianne Wiest), die kein Wässerchen zu trüben scheint, hegt ein dunkles Geheimnis. Bevor sie sich versehen, merken Marla und ihre Lebenspartnerin Fran (Eliza González) jedoch, dass sie sich mit ihrem moralisch fragwürdigen Geschäftsmodell zur Zielscheibe des skrupellosen Gangsters Roman Lunyow (Peter Dinklage) gemacht haben. Doch Marla will sich nicht aufhalten lassen…
Kurzrezension: Der Umgang mit Senioren ist ein wichtiges gesellschaftliches Thema – nicht erst seit der Pandemie. Regisseur und Autor J Blakeson dient das amerikanische Pflegesystem in I Care A Lot nun als Kulisse für eine bitterböse Satire über die wahre Identität spätkapitalistischen Unternehmertums. Die gewaltgeladene Ausdrucksstärke der beiden Hauptdarsteller, deren unaufhaltsame Gier jedes Menschenleben entwertet, verleiht dem Film eine Spannung, die über die nicht immer kohärente Erzählung hinweg trägt. Insbesondere interessant: Zwar ist Marlas Vorgehen vollkommen unmoralisch, dennoch bewegt sie sich damit durchgehend innerhalb rechtlicher Grenzen. Äußerst sehenswert für jeden, der den Code des Kapitals verstehen möchte.
Nebenan
Film-Genre: Komödie
Kino-Start: 01. März 2021
Regie: Daniel Brühl
Schicke Wohnung im Prenzlauer Berg, eine schöne Ehefrau und eine Nanny, die sich um die Kinder kümmert – das Leben des Schauspielers Daniel (Daniel Brühl) scheint perfekt. Als er gerade zu einem Casting für die Rolle in einem Superheldenfilm fliegen soll, nutzt er den Fehler seiner Agentur, die ihm das Taxi für den Weg zum Flughafen zu früh geschickt hat, um noch einen Abstecher in seine Stammkneipe zu unternehmen: Der ideale Ort, um kurz vor dem Vorsprechen noch einmal herunterzukommen und die Dialoge durchzugehen. Allerdings hat er die Rechnung ohne seinen Nachbarn Bruno (Peter Kurth) gemacht, der Daniel mit Kommentaren zu seinen Filmrollen überschüttet. Doch der fremde Mann kennt mehr als nur Daniels Filme, er weiß erschreckend viel über sein Privatleben…
Kurzrezension: Im Regiedebüt von Daniel Brühl prallen Welten aufeinander: Auf der einen Seite der kosmopolitische, leicht schnöselige Schauspieler, der kurz vor seinem internationalen Durchbruch in einem Superheldenfilm steht, auf der anderen Seite ein ostdeutscher sogenannter Wendeverlierer mit zwielichtiger Vergangenheit und sozialer Ader. Für den Zuschauer ist es ein schwarzhumoriges Vergnügen, wie sich das Eckkneipen-Kammerspiel den innerdeutschen Ost-West-Konflikt um Gentrifizierung ganzer Stadtviertel, Anerkennung alternativer Lebenswege, Lebenslügen und fehlender sozialer Anerkennung sprichwörtlich zur Brust nimmt. Sehr aktuell und dennoch viel zu selten im deutschen Kino.
Fabian oder Der Gang vor die Hunde
Film-Genre: Drama
Kino-Start: 05. März 2021
Regie: Dominik Graf
Im Berlin des Jahres 1931 lässt sich der promovierte Germanist und Werbetexter Jakob Fabian (Tom Schilling) durch das Leben treiben. Während er tagsüber für die Reklame einer Zigarettenfirma zuständig ist, ist er nachts mit seinem Studienkollegen Labude (Albrecht Schuch) unterwegs und macht die Kneipen, Vergnügungslokale und Künstlerateliers unsicher. Das ausschweifende Leben der beiden jungen Männer wird durch eine durch Kommunisten und Nationalsozialisten gespaltene Gesellschaft zunehmend bedroht. Auch Labude träumt davon, dass die Klassen gegen die Obrigkeit revolutionieren. Fabian kann mit einem revolutionären Umbruch hingegen nicht viel anfangen. Eines Tages trifft er im Kabarett auf die Schauspielerin Cornelia (Saskia Rosendahl) und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Fabians naives Leben nimmt eine dramatische Wendung, als er einer Entlassungswelle zum Opfer fällt, Cornelias Karriere als Schauspielerin jedoch an Fahrt gewinnt…
Kurzrezension: In seinem im Jahr 1931 erschienenen satirischen Roman „Fabian“ mit dem Untertitel „Die Geschichte eines Moralisten“ beschreibt Erich Kästner die gesellschaftlichen Zustände zur Zeit der Weimarer Republik. Kästner wollte am Vorabend der nationalsozialistischen Machtübernahme vor dem Abgrund warnen, auf den Deutschland damals zusteuerte, wobei die lethargische Passivität derjenigen, welche die gesellschaftlichen Verhältnisse tatsächlich durchschauen, im Mittelpunkt seiner Kritik steht. Dominik Graf gelingt es durch eine ganz eigene, fast schon experimentelle Filmästhetik das Heutige aus der Romanvorlage zu destillieren. Auch dank eines herausragendem Schauspielensembles eine der besten deutschen Literaturverfilmungen seit langem und daher uneingeschränkt sehenswert!
The Little Things
Film-Genre: Thriller
Kino-Start: 26. März 2021
Regie: John Lee Hancock
Joe „Deke“ Deacon (Denzel Washington) ist der Sheriff von Kern County in Kalifornien, doch er ist ziemlich ausgebrannt und ist seines Berufs überdrüssig. Doch als ein Serienkiller sein Unwesen treibt, muss er sich noch einmal aufraffen. Ihm zur Seite steht Jim Baxter (Rami Malek), ein junger Detective aus Los Angeles, der dem alten Provinzcop zuerst skeptisch begegnet. Schnell ist der Jungspund aber beeindruckt von der Spürnase des alten Hasen und dessen Auge für die kleinsten Details. Doch die Partnerschaft wird schnell auf die harte Probe gestellt, weil Deke Regeln eher eigenwillig auslegt. Zudem hat der alte Polizist noch ein dunkles Geheimnis aus seiner Vergangenheit, das ihn plagt…
Kurzrezension: Der klassisch inszenzierte Neo-Noir handelt von einem Polizisten, der sich an einem alten Fall abarbeitet und an diesem schließlich zerbricht. Am Ende geht es gar nicht darum, einen Täter zu präsentieren, sondern zu zeigen, welche Auswirkungen die Ermittlungen auf das soziale Leben der Beteiligten haben können. Regisseur und Autor John Lee Hancock verzichtet auf die mittlerweile übliche CGI-Effekthascherei, sondern nimmt sich Zeit für eine tiefergehende Charakterzeichnung und eine stimmige Geschichte. Hier kommt düstere Atmosphäre vor visueller Dramatik. Für Noir-Liebhaber nicht nur aufgrund der erstklassigen Darsteller (Jared Leto als psychotischer Verdächtiger!) ein Muss!
Der Rausch
Film-Genre: Komödie
Kino-Start: 22. Juli 2021
Regie: Thomas Vinterberg
Früher war Martin (Mads Mikkelsen) Lehrer aus Leidenschaft – heute sind nicht nur die Schüler von seinem fehlenden Enthusiasmus gelangweilt, auch in Martins Ehe ist die Luft raus. Seinen drei Freunden, die am selben Gymnasium unterrichten, geht es nicht viel besser. Bei einer angeheiterten Geburtstagsrunde diskutieren sie die Theorie eines norwegischen Philosophen: Nach dieser ist ein Mensch nur mit einem erhöhten Alkoholgehalt im Blut zu Bestleistungen fähig. Solch eine gewagte These muss überprüft werden. Die vier beschließen den Selbsttest zu machen und während der Arbeit kontinuierlich einen bestimmten Pegel zu halten. Soll nicht sogar Winston Churchill den Zweiten Weltkrieg in einem Alkoholrausch gewonnen haben? Mit neuem Antrieb stürzen sie sich in ihre geheime wissenschaftliche Studie. Die Wirkung lässt indes nicht lange auf sich warten…
Kurzrezension: Die Tragikkomödie von Thomas Vinterberg handelt von ernsten Themen: Midlife-Crisis, Entfremdung innerhalb einer Beziehung, Alkoholmissbrauch. Die facettenreiche Auseinandersetzung mit dem Thema Alkoholismus in den westlichen Wohlstandsgesellschaften ist das zentrale Narrativ des Films, gilt Alkohol gleichsam als Katalysator bei den Abschiedsritualen der Schulzeit, in belastenden Beziehungsgesprächen oder im Sinne der politischen Völkerverständigung. Die Stärke des Films ist jedoch, dass er für eine angenehm lange Zeit jegliches Moralisieren vermeidet. So gelingt die Balance zwischen Grotesk-Komischen und Menschlich-Tragischem. Dank der herausragenden Inszenierung mit außergewöhnlichen Schauspielern und einem fulminanten Finale ist Der Rausch schließlich eine einzige Ode an das Leben – What A Life!
The Green Knight
Film-Genre: Fantasy | Drama
Kino-Start: 29. Juli 2021
Regie: David Lowery
Sir Gawain (Dev Patel) ist der rücksichtslose und eigenwillige Neffe von König Artus (Sean Harris). Als der Green Knight (Ralph Ineson) an dessen Hof kommt, ein gigantischer Krieger mit Samaragdhaut, nimmt Sir Gawain die Herausforderung an und stellt sich dem Fremden. Der Green Knight verliert im darauffolgenden Duell seinen Kopf – und ein Jahr später ist es Zeit für Sir Gawain, sich ihm erneut zu stellen. Er bricht auf und muss auf seiner Reise zum Green Knight gegen Geister, Riesen, Diebe und Intriganten kämpfen. Er muss zu sich selbst finden und dabei seiner Familie wie auch dem gesamten Königreich beweisen, dass er ein Held ist…
Kurzrezension: Die Vorlage für dieses allegorische Fantasy-Drama stammt aus dem 14. Jahrhundert. Jedoch zeigt uns David Lowery kleine klassische Heldenreise. Vielmehr scheitert Sir Gawain als Held in The Green Knight auf vielfältige Art und dekonstruiert damit die zentralen Aspekte des heroischen Selbstverständnisses. Wer jedoch nicht in die betont abstrakte Erzählung findet (oder aus dieser im Laufe der Handlung aussteigt), kann sich jedoch weiterhin an den beeindruckenden Aufnahmen der britischer Landschaft, innovativen Kameraeinstellungen sowie der stilsicheren Atmosphäre berauschen. Ein Film, für den sich der Gang ins Kino lohnt.
The Father
Film-Genre: Drama
Kino-Start: 26. August 2021
Regie: Florian Zeller
Anne (Olivia Colman) sorgt sich um ihren Vater Anthony (Anthony Hopkins). Als stolzer Mann lehnt er trotz seines hohen Alters jede Unterstützung durch eine Pflegekraft ab. Obwohl ihn sein Gedächtnis immer häufiger im Stich lässt, ist er davon überzeugt, auch weiterhin allein zurechtzukommen. Doch als Anne ihm eröffnet, dass sie zu ihrem Freund nach Paris ziehen wird, ist er verwirrt. Wer ist dann dieser Fremde in seinem Wohnzimmer, der vorgibt, mit Anne verheiratet zu sein? Anthony versucht, die sich permanent verändernden Umstände zu begreifen und beginnt mehr und mehr zu zweifeln: an seinem Verstand und schließlich auch an seiner eigenen Wahrnehmung.
Kurzrezension: Mit The Father legt Florian Zeller sein Regiedebut vor – basierend auf seinem gleichnamigen, weltweit prämierten Theaterstück aus dem Jahr 2012. Zeller nutzt die spezifischen Mittel des Kinos, um die Perspektive seines an Demenz erkrankten Protagonisten so eindringlich darzustellen, wie es filmisch bislang kaum jemandem gelungen ist. Während die Titelfigur immer weniger versteht, setzt sich für das Publikum zunehmend ein belastbares Bild der wahren Verhältnisse zusammen. Subtiles Drama mit einem oscarprämierten Anthony Hopkins.
Candyman
Film-Genre: Horror, Thriller
Kino-Start: 26. August 2021
Regie: Nia DaCosta
Im Chicagoer Viertel Cabrini Green ging lange die Geschichte über den berüchtigten Candyman um, einen übernatürlichen Mörder mit Haken an der Hand. Der Legende nach müsse sein Namen nur fünfmal in einem Spiegel aufgesagt werden, um ihn zu beschwören. Jahrzehnte später ziehen der Künstler Anthony McCoy (Yahya Abdul-Mateen II) und seine Freundin, die Galeristin Brianna Cartwright (Teyonah Parris), in die inzwischen die durch die Gentrifizierung veränderte Nachbarschaft. Als Anthonys Künstlerkarriere jedoch stagniert, wird er durch eine zufällige Begegnung mit William Burke (Colman Domingo), einem alten Bewohner von Cabrini Green, mit der schrecklichen Geschichte hinter dem Candyman konfrontiert. In der Hoffnung, seinen Gemälden neues Leben einzuhauchen, steigert er sich immer tiefer in die düsteren Details der Legende hinein. Bald aber steht sein eigener Verstand auf dem Spiel…
Kurzrezension: Candyman ist ein Reboot des gleichnamigen Horrorfilms aus dem Jahr 1992, der als Meilenstein des afroamerikanischen Kinos gilt. Dem Drehbuch gelingt es geschickt, die Konventionen des Genres nur gerade so weit zu bedienen, dass sowohl Raum für Innovationen als auch für eine Auseinandersetzung mit aktuellen Themen wie Polizeigewalt, Gentrifizierung oder Rassismus bleibt. Trotz der dadurch bedingten mangelnden thematischen Eindeutigkeit entwickelt dieser gesellschaftskritische Rundumschlag seine ganz eigene Faszination. Etwa wenn der Killer in einem kurzen Moment sogar zum Antihelden wird, als er seinen Haken gegen eine Gruppe übergriffiger Polizisten erhebt. Dank der knackigen 90 Minuten daher eine klare Empfehlung.
Dune
Film-Genre: Science Fiction
Kino-Start: 16. September 2021
Regie: Denis Villeneuve
Die in der Gunst des galaktischen Imperators gefallene Adelsfamilie der Atreides siedelt mit dem gesamten Hausstand auf den Wüstenplaneten Arrakis um. Dort soll Herzog Leto (Oscar Isaac) zusammen mit Lady Jessica (Rebecca Fergueson) sicherstellen, dass die Droge Spice, ein Rohstoff, der intergalaktische Reisen ermöglicht, weiterhin abgebaut wird. Doch die Reise nach Arrakis entpuppt sich als Hinterhalt von Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård). Paul Atreides (Timothée Chalamet), der junge Sohn von Leto, muss ins Ödland von Arrakis flüchten, wo er auf die sagenumwobenen Fremen um deren Anführer Stilgar (Javier Bardem) und die furchtlose Chani (Zendaya) trifft, ein nomadisches Wüstenvolk, das in Erfüllung einer alten Prophezeiung auf die Ankunft eines Erlösers wartet…
Kurzrezension: Eigentlich gilt das Science Fiction-Epos von Frank Herbert als unverfilmbar. Villeneuve hat es trotzdem gewagt und ihm gelingt wie zufällig ein Kommentar zum aktuellen Weltgeschehen. Klimakrise, Rohstoffmangel und künstliche Intelligenz, all dies wird thematisiert. Im Mittelpunkt steht jedoch der brutale Stellvertreterkrieg auf dem Wüstenplaneten, der zu einer Art Faustpfand in den interstellaren Ränkespielen um die Macht und Einfluss wird. Das weckt offensichtliche Assoziationen – von der Erdölförderung im Irak bis zum Drogenanbau der Taliban in den Bergen des Hindukusch. Die Überschneidungen mit der Realität verstärken sich zunehmend, als die alten Besatzer plötzlich abziehen und mit den Atreides eine externe Macht die Kontrolle übernimmt. Der übereilte Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan lässt grüßen. Hinzu kommen ästhetische Bilder, ein einzigartiges Design und ein Sound, der den Zuschauer regelrecht aus den Sesseln bläst. Wer Dune nicht auf der Großleinwand im Kino gesehen hat, hat etwas verpasst.
Schachnovelle
Film-Genre: Drama
Kino-Start: 23. September 2021
Regie: Philipp Stölzl
Der österreichische Rechtsanwalt Dr. Josef Bartok (Oliver Masucci) wird von den Nationalsozialisten entführt, damit diese an die großen Vermögen kommen, die Bartok im Auftrag von Klerus und Adel verwaltet. Als Bartok jedoch schweigt, sperren die Nazis ihn ein und lassen ihn ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt dahinvegetieren. Der gebildete Bartok ist schließlich kurz davor, psychisch gebrochen zu werden, da kommt er durch List an ein Buch, in dem die Züge bekannter Schachpartien dokumentiert wurden. Aus Mangel an Alternativen verinnerlicht er diese Partien: Seine Persönlichkeit spaltet sich in einen weißen und einen schwarzen Spieler. Als er Jahre später auf einem Schiff auf den amtierenden Schachweltmeister Mirko Czentovic (Albrecht Schuch) trifft, nimmt seine „Schachvergiftung“ Überhand…
Kurzrezension: „Die Schachnovelle“ ist das letzte Werk von Stefan Zweig – das Manuskript gab er einen Tag vor seinem Selbstmord im Exil in Brasilien zur Post. Regisseur Stölzl verschränkt in seiner nicht ganz originalgetreuen Neuverfilmung konventionelles Historiendrama mit Elementen des Psychothrillers: Wie im Laufe der Handlung dank opulenter Bilder die Zeit- und Bewusstseinsebenen kollidieren und mithin das Martyrium des Protagonisten für das Publikum nachvollziehbar wird, ist mit unheimlicher Intensität auf die Kino-Leinwand gebracht. Verlassen kann sich Stölzl dabei auf die Schauspielleistungen seines Casts: Insbesondere Oliver Massuci alias Dr. Josef Bartok liefert eine wahre Tour de Force. Zwar erreicht Schachnovelle nicht den inhaltlichen und ästhetischen Zugang von Grafs Fabian oder Der Gang vor die Hunde, ist jedoch dennoch sehenswert!
Last Night in Soho
Film-Genre: Horror | Thriller
Kino-Start: 11. November 2021
Regie: Edgar Wright
Die junge Eloise (Thomasin McKenzie) ist behütet auf dem Land aufgewachsen und vor kurzem nach London gezogen, wo sie am London College of Fashion Modedesign studieren möchte. Sie bezieht ein Zimmer im obersten Stock eines Hauses in Fitzrovia, ihre Vermieterin ist die strenge aber nicht unfreundliche Mrs. Collins. Während ihre Kommilitonen jedoch ausgelassen das studentische Nachtleben genießen, träumt sich die von der Dynamik der Großstadt überforderte Eloise ins London der Swinging Sixties. In der Gestalt der exzentrischen Nachwuchssängerin Sandy (Anya Taylor-Joy) zieht sie durch das Café de Paris und andere Szeneclubs, die ihr das Gefühl von Sicherheit geben. Sie führt ein Parallelleben, in dem sie eines Tages den verführerischen Manager Jack (Matt Smith) trifft und ist sofort fasziniert von seiner geheimnisvollen Auto. Doch die beschwingten Sechziger sind tatsächlich längst nicht so frei und unschuldig, wie es zunächst den Anschein hat…
Kurzrezension: Elegant inszenierter, audiovisuell mitreißender Thriller über die Identitätskrisen zweier junger Frauen. Dem britischen Regisseur Edgar Wright gelingt das Kunststück, eine perfekt choreographierte Hommage an das Lebensgefühl der Swinging Sixties zu drehen und im gleichen Atemzug die nostalgische Geschichtsverklärung dieser Epoche zu dekonstruieren. Im Großbritannien des Post-Brexit kann dies schon als politischer Kommentar gelten. Virtuos sind die Momente, in denen die herausragenden Anya Taylor-Joy und Thomasin McKenzie als Spiegelbilder der jeweils anderen agieren. War in Wrights Heistfilm Baby Driver jede Schaltung des Fluchtwagens exakt mit dem Beat des Soundtracks synchronisiert – in Last Night In Soho swingen die Sechzigerjahre tatsächlich so wie selten zuvor im Kino.
The Power of the Dog
Film-Genre: Drama
Kino-Start: 01. Dezember 2021
Regie: Jane Campion
Montana im Jahr 1925: Zwei Brüder, die gemeinsam eine große Ranch besitzen, versuchen auf ihre Weise das gemeinsame Land zu führen. Allerdings könnten Phil (Benedict Cumberbatch) und George (Jesse Plemons) unterschiedlicher nicht sein. Während Phil mit Strenge und Härte auf der Farm anpackt, will sich George der Kontrolle seines Bruders entziehen. Er legt mehr Wert auf teure Autos, gute Kleidung und ein Leben fernab von Rindern und Feldarbeit. Die Heirat mit der Witwe Rose (Kirsten Dunst) könnte sein Ausweg aus seinem bisherigen Leben sein. Zusammen mit ihr und ihrem Sohn Peter (Kodi Smit-McPhee) will er auf der Ranch einen neuen Lebensabschnitt markieren. Die Fronten zu seinem Bruder Phil scheinen sich durch die Anwesenheit von Rose jedoch nur zu verstärken. Von familiärer Liebe und Gastfreundschaft ist nichts zu spüren. Allerdings beginnen sich dann die Machtverhältnisse allmählich zu verschieben…
Kurzrezension: Bei The Power of the Dog handelt es sich um eine Filmadaption des Romans „Die Gewalt der Hunde“ von Thomas Savage. In brilliant inszenierten Bildern dafür mit umso weniger Worten erzählt Jane Campion die Geschichte zweier ungleicher Brüder, die aus einem Gefängnis aus unterdrückten Gefühlen, falschem Heroismus und trügerischen Rollenbildern ausbrechen. Dort, wo der sensiblere, stets korrekt frisierte George ein Sinnbild der neuen Zeit ist, hängt Phil einer Welt nach, die größtenteils nur mehr in seinen Erzählungen existiert. Allein sehenswert ist schon die Art, wie Benedict Cumberbatch die innere Zerrissenheit und Ambivalenz des Ranchers Phil darstellt. Komplettiert durch das ausladende Spiel der weiteren Darsteller entsteht so ein intensiver Spätwestern, der gekonnt alle Kitsch- und Sentimentalitätsfallen meidet. Ein Erlebnis, das den Zuschauer so schnell nicht mehr loslassen wird.
Honorable Mentions:
Nomadland; Der Maulwurf; Wirecard – Die Milliarden-Lüge; Nobody; Percy; Batman: The Long Halloween Teil 1; Batman: The Long Halloween Teil 2; Old; City of Lies; Free Guy; Promising Young Woman; The Witcher: Nightmare of the Wolf; Tides; Polizeiruf 110: Bis Mitternacht; The Last Duel; The French Dispatch; The Harder They Fall; Kaiserspiel in Versailles
Filme, die ich 2021 sonst noch gesehen habe:
Feinde – das Geständnis; Feinde – Gegen die Zeit; Neues aus der Welt; Wonder Woman 1984; Jesus Rolls – Niemand verarscht Jesus; Capone; A Quiet Place 2; No Sudden Move; Black Widow; The Suicide Squad; Escape Room 2: No Way Out; Shang-Chi and the Legends of the Ten Rings; Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull; James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben; The Guilty; Venim: Let There Be Carnage; Eternals; Don’t Look Up