Wohin des Weges, SPD?

Ich finde es doch einigermaßen bemerkenswert, wie in Deutschland Stimmung gegen eine linke, alternative Politik gemacht wird. Anfang Dezember 2014 wagten sich wieder einige Stimmen aus der Deckung, die den Untergang der Bundesrepublik anlässlich der Vereidigung des Linkspolitikers Bodo Ramelow zum thüringischen Ministerpräsident beschrien. Dabei ist es weniger überraschend, dass diese polemische Stimmungsmache zuvorderst von den beiden Unionsparteien unterstützt wird, man denke da etwa an die sogenannte Rote-Socken-Kampagne der CDU im Vorfeld der Bundestagswahl 1994 oder auch an den unnachgiebigen Umgang mit der neuen Syriza-Regierung in Griechenland. Das alles verwundert nicht, sammeln sich doch in konservativen Parteien die gesellschaftlichen Kräfte, die Altes bewahren wollen und den Fortschritt ablehnen.

Seit jeher wurde in Deutschland die Angst vor dem Sozialismus geschürt. Rechte Freikorps ermordeten munter linke Gallionsfiguren wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und wurden dafür mit milden Haftstrafen „belohnt“, während die Anführer der revolutionären Räterepubliken in München und Bremen standrechtlich erschossen wurden. Natürlich spielte das Verhältnis zum Sozialismus in der Bonner Republik aufgrund der DDR eine besondere Rolle, durch welche sich auch das Parteiverbot der KPD erklären lässt. Auf der anderen Seite wiederum wurden allem Anschein nach einige Hinweise in Bezug auf das Wiesn-Attentat vertuscht. Von den rechten Verstrickungen des Verfassungsschutzes, die im Zuge des NSU-Prozesses zu Tage treten, möchte ich gar nicht sprechen.

Der eigentliche Skandal

Vor diesem Hintergrund ist die Rolle der SPD in diesem ganzen Spiel wirklich beschämend. Dabei ist dies alles keine neue Entwicklung. Die SPD saß schon immer zwischen den Stühlen. Im Zuge des allgemeinen Nationalismus und aus Angst, erneut als feige Vaterlandsverräter abgestempelt zu werden, stimmte die SPD im Jahre 1914 den Kriegsanleihen zu, die die Finanzierung des Ersten Weltkriegs ermöglichten. Diese Burgfriedenspolitik trieb die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung in beträchtliches Stück voran und gipfelte schließlich in der Abspaltung der USPD von der Mehrheitssozialdemokratie. Einige Jahre später, das deutsche Kaiserreich war Geschichte und die MSPD hatte sich mit der Ausrufung der parlamentarischen Republik gegenüber dem Rätemodell der KPD durchgesetzt, entsandte der damalige SPD-Reichswehrminister Gustav Noske Reichswehrverbände und rechte Freikorps um die Räterepubliken in Bremen und München niederzuschlagen.

Seit diesen Vorfällen ist die deutsche Arbeiterbewegung gespalten. Daran hat natürlich auch die KPD mit der sogenannten Sozialfaschismustheorie einen gewichtigen Anteil. Diese These besagt, dass die SPD den linken Flügel des kapitalistischen Systems darstellt und deshalb vorrangig zu bekämpfen ist.

Diese Spaltung setzte sich dann auch in der Bundesrepublik Deutschland fort, deren linkes Lager mit der SPD, den Grünen und der Linkspartei nunmehr drei linke Parteien enthält. Ideal für das Projekt Rot-Rot-Grün 2017 könnte mancher denken. Doch die SPD trat 2013 erneut in eine Große Koalition unter Angela Merkel ein, nachdem sie ab 2000 schon in Eigenregie den Weg für eine neoliberale Politik bereitet hatten (Stichwort: Arbeitsmarktreformen und Praxisgebühr). Zwar setzt die Koalition aus CDU/CSU und SPD getreu dem Koalitionsvertrag linke Projekte wie den Mindestlohn und die Rente mit 63 durch, die SPD selbst profitiert davon in den Umfragen jedoch überhaupt nicht und pendelt weiterhin zwischen 23 und 25 Prozent (Forsa: 23 %; Forschungsgruppe Wahlen: 25 %; Infratest dimap: 25 %).

War die SPD noch im Bundestagswahlkampf 1994 kurzzeitig selbst den erwähnten Anfeindungen von Seiten des bürgerlichen Lagers ausgesetzt (sie war kurz zuvor in eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Duldung der damaligen PDS eingetreten), so teilt man nun freudig gegen die angebliche Unfähigkeit der griechischen Regierung aus. Sigmar Gabriel forderte beispielsweise einmal mehr die Fortsetzung der gescheiterten Austeritätspolitik: „Wir sind nicht erpressbar“ und verhindert damit eine konstruktive Debatte über das Für und Wider der jetzigen EU-Maßnahmen. Wo ist nur die die internationale Solidarität mit den Arbeitern, bzw. der arbeitenden Bevölkerung geblieben?

Obendrein gibt Sigmar Gabriel die strikte Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung (im Zuge der Terroranschläge von Paris von konservativen Politikern wieder aus der Mottenkiste geholt) auf. Angeblich befürchtet der SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister starke Stimmenzuwächse im Falle eines Terroranschlags in der Bundesrepublik und möchte dann den Unionsparteien nicht alleine das Feld der Innenpolitik überlassen.

Was ist nur aus der SPD geworden, die sich eine freiheitliche, gerechte und solidarische Politik auf die (roten) Fahnen geschrieben hatte? Stattdessen ist es die sozialdemokratische Arbeitsministerin Andrea Nahles, die Überlegungen zur Einschränkung des Streikrechts anstellt. Was kommt als nächstes? Wie von einigen wie der FAZ gemutmaßt, ein Bundeskanzlerkandidat Olaf Scholz, der für Gerhard Schröder als Generalsekretär die Hartz4-Reformen durchgedrückt hat? Wenigstens kam hierzu das Dementi der Parteispitze relativ zügig.

SPD: Veränderung mit Plan!

Die SPD muss sich endlich glaubhaft von den Hartz4-Reformen distanzieren und sich klar zu einer linken Politik bekennen. Und sie muss als stärkste Kraft des linken Lagers konstruktive Gespräche auf höchster Ebene mit den Grünen und der Linkspartei führen, um, wenn schon nicht bei der Bundestagswahl 2017, irgendwann einen Regierungswechsel möglich zu machen. Tut sie das nicht, verkommt sie zu einem Koalitionsanhängsel der CDU/CSU, ohne wirkliche Chance, in naher Zukunft einen Bundeskanzler stellen zu können. Und der Parteivorsitzende darf die Bundestagswahl 2017 auf keinen Fall schon im Vorraus verloren geben, auch wenn dies vielleicht zunächst realistisch erscheint. Es ist wahrlich an der Zeit, dass linke Politik in Deutschland eine neue Chance bekommt – es geht um Veränderung!

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