Der Staat als Fetisch – Ideologie und Realität der liberalen Demokratie

Philosophen lieben den Staat – zumindest als Idee. Daniel-Pascal Zorn macht da keine Ausnahme. In seiner Kolumne „Die Idee des Staates und die Freiheit“ bemüht sich der Philosoph um eine ideengeschichtliche Verteidigung der liberalen Demokratie. Der Text ist rhetorisch gewandt, historisch belesen und argumentativ durchdacht. Und doch bleibt ein schaler Beigeschmack. Denn was auf den ersten Blick wie eine wohltuend differenzierte Rehabilitierung staatlicher Ordnung erscheint, erweist sich bei näherer Betrachtung als normative Affirmation eines Staatsbegriffs, der die politisch-ökonomischen Realitäten spätkapitalistischer Gesellschaften weitgehend ausblendet. Zorn verteidigt die liberale Demokratie als jene staatliche Form, die Freiheit nicht beschränkt, sondern erst ermöglicht – und setzt damit implizit die Idee von Staatlichkeit mit der Bedingung der Freiheit gleich. Diese Sichtweise ist historisch plausibel, insbesondere mit Blick auf die Errungenschaften des modernen Rechtsstaats. Gleichwohl bleibt offen, ob die liberale Demokratie über den Schutz individueller Rechte hinaus auch als Instrument gesellschaftlicher Transformation in einem kapitalistisch strukturierten System dienen kann.

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