Die Unberechenbarkeit in der Politik hat zugenommen: Aktuell sorgt Donald Trump in den USA jede Woche für neue Skandale, der Ausstieg Großbritanniens aus der EU kam auch für viele Beobachter überraschend und man will es sich nicht ausmalen, was mit der Europäischen Integration passiert wäre, hätte der rechtsextreme Front National die diesjährige Präsidentschaftswahl in Frankreich gewonnen.
Hinzu kommt, dass die Probleme in einer globalisierten Welt, die durch eine starke Interdependenz von Industriestaaten, Entwicklungs- und Schwellenländern beherrscht wird, fortwährend zunehmen. Insbesondere im Bereich der Klimapolitik werden die globalen Handlungsnotwendigkeiten, aber auch die Interessengegensätze der einzelnen Akteure überdeutlich. Die großen Herausforderungen des Klimawandels können nicht mehr innerhalb eines nationalstaatlichen Regelungsrahmes gelöst werden: Bis 2050 werden voraussichtlich 75 Prozent der Gletscher in den Schweizer Alpen verschwinden. Überdies gehen Prognosen von einem Anstieg des Meeresspiegels von bis zu 88 Centimeter bis 2070 aus. Schon jetzt steht 1,2 Milliarden Menschen kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung. Steigen die weltweiten Temperaturen nur um 2,5 Grad, werden voraussichtlich weitere 2,4 bis 3,1 Milliarden Menschen auf der Welt von Wassermangel betroffen sein.
Durch die Globalisierung drängt aber auch die soziale Frage zunehmend in den Vordergrund. Vielerorts gelten die Heilsversprechen der Marktwirtschaft nicht mehr, die vielfach eng mit den Werten Freiheit und Demokratie verbunden. Mithin erleben antiliberale Strömungen nicht nur in Europa Hochkonjunktur. Führt man sich die Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte vor Augen, macht sich Resignation breit.
Hinter jedem dieser Probleme verbergen sich allerdings auch Lösungen. In den internationalen Beziehungen benötigt es dringend effektive Governance-Strukturen, um sowohl den Klimawandel als auch das sozioökonomische Entwicklungsgefälle zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern in den Griff zu bekommen. Im Bereich der Klimapolitik wurde mit dem Übereinkommen von Paris im Dezember 2015 ein erster Schritt gemacht. Anfang September ratifizierten sogar die Staaten mit dem größten Treibhausgasausstoß, China und die USA, den Vertrag. Dennoch bedarf es weiterer Anstrengungen, um das ambitionierte Zwei-Grad-Ziel zu erreichen – die Begrenzung der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau.
Hier stehen die Nationalstaaten in der Pflicht. So können beispielsweise auch in Deutschland etliche umweltschädliche Subventionen abgebaut werden: Die Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoffe, die Energiesteuerbefreiung von Kerosin und auch die pauschale Besteuerung privat genutzter Dienstwagen belasten den Staatshaushalt doppelt – zunächst durch Mehrausgaben und Mindereinnahmen des Staats, später durch erhöhte Kosten für die Beseitigung von Schäden an Umwelt und Gesundheit. Laut einer Studie des Umweltbundesamts beliefen sich die umweltschädlichen Subventionen der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012 auf etwa 57 Milliarden Euro. Diese Geldmittel könnten alternativ in Sozialprogramme fließen, um der sich auch in Deutschland verstärkenden Kluft zwischen Arm und Reich entgegenzuwirken. Und warum trägt in Deutschland die Besteuerung des Faktors Arbeit immer mehr zum Staatshaushalt bei, während die Einnahmen aus Steuern auf Umweltbelastung und Vermögen kontinuiierlich zurückgehen?
Diese Überlegungen sind natürlich erst ein Anfang und ich behaupte nicht, dass es leicht wäre, die Welt nachhaltig zu verändern. Doch wir sollten unsere Probleme nie so lange vor uns herschieben, bis uns dadurch jede Aussicht auf ihre Lösung verstellt haben. Hier setzen die Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit an. Mit diesem Projekt möchten wir Studentinnen und Studenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz – die Entscheidungsträger von morgen – für ökologisch und sozial nachhaltige Themen begeistern und motivieren, sich für das innovative Konzept der Ökologisch-Sozialen Marktwirtschaft einzusetzen. Die Hochschultage stellen die ideale Plattform dar, um die vielfältigen Problemlösungsstrategien auf nationaler und internationaler Ebene zu diskutieren. Packen wir’s an!
Dieser Beitrag entstand als Grußwort für das Jahrbuch 2016/17 der Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit, einem Gemeinschaftsprojekt von fünf zivilgesellschaftlichen Akteuren, das ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Projektmanager beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. betreuen durfte.