Für viele Beobachter ist der Ausgang der diesjährigen Wahlen zum Europäischen Parlament nicht überraschend. In vielen Mitgliedsstaaten verzeichneten europakritische und rechtspopulistische Parteien enorme Stimmenzuwächse: In Großbritannien gingen die EU-skeptische UKIP und in Frankreich der rechtsextreme Front National sogar als große Gewinner aus dem Urnengang hervor.
Die Bandbreite der europakritischen Parteien umfasst allerdings das gesamte politische Spektrum und reicht von der sozialistischen Syriza in Griechenland bis zur offen nationalistisch und antisemitisch eingestellten Jobbik in Ungarn. Auch in dem vormals durchweg proeuropäischen Deutschland hat sich mit der AfD eine eurokritische Bewegung formiert. Folglich ist festzuhalten, dass in einigen Teilen der europäischen Bevölkerung ein tiefgehendes Misstrauen gegenüber den Institutionen in Brüssel und Strasbourg vorhanden ist. So sehen viele Kritiker in den mangelnden Kompetenzen des Europäischen Parlaments einen wesentlichen Grund für das Demokratiedefizit der Europäischen Union und sprechen vom „sanften Monster Brüssel“ oder weitaus polemischer gar von der „EUdSSR“. Zudem fühlen sich diese Kritiker in ihrer Meinung bestätigt, als die konservativen Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat zögerten, den Christsozialen Jean-Claude Juncker als Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten zu nominieren.