Meine Top20 des Jahres 2019 – Diese Filme muss man gesehen haben

In diesem Jahr sorgte in Filmkreisen besonders eine Aussage für große Aufregung: In einem Interview im Oktober äußerte sich Martin Scorsese kritisch über die Blockbuster unserer Zeit, insbesondere die Filme von Marvel seien „mehr Freizeitpark als Kino.“ In einem darauffolgenden Beitrag in der New York Times wiederholte der Regisseur seine Kritik. Die aktuellen Großproduktionen von Marvel und DC seien weder überraschend noch künstlerisch interessant. „Viele aktuelle Filme sind perfekte Produkte, die für den unmittelbaren Konsum produziert sind“, so Scorsese weiter. Sie seien technisch gut gemacht und von talentierten Teams produziert. Aber ihnen allen mangele es an etwas, das seiner Meinung nach für das Kino essenziell sei: „(…) die vereinende Vision eines Künstlers. Und das, weil der individuelle Künstler das größte Risiko darstellt.“

Martin Scorsese gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der New-Hollywood-Ära. Die Filme dieser Zeit modernisierten die klassischen Genres des Hollywood-Kinos und wagten thematische und filmästhetische Experimente. Der typische Protagonist dieser Filme ist ein Antiheld, also ein ambivalenter und mitunter rebellischer Außenseiter. Folglich wird vielfach das Individuum und sein widersprüchliches Verhältnis zur Gesellschaft in den Mittelpunkt der Erzählung gestellt. Vielen gilt die relativ kurze Ära des New Hollywood als eine der künstlerisch bedeutendsten Phasen des amerikanischen Films.

Die heutigen Gesellschaften der westlichen Industriestaaten sind im großen Maße durch einen modernen Individualismus geprägt. Durch den sozioökonomischen Strukturwandel seit den 1970er Jahren erreicht die Wertschätzung des Individuums in der sog. Gesellschaft der Singularitäten seine bisher radikalste Ausprägung.1RECKWITZ, Andreas, Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, 5. Auflage, Berlin 2018, S. 103. Dem Soziologen und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer zufolge sind Filme ein Spiegel der bestehenden Gesellschaft.2KRACAUER, Siegfried, Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino, in: ders., Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt am Main, 1977, S. 279-294. Diesbezüglich vertritt Wolfgang M. Schmitt in seiner Filmanalyse zum Thema die These, dass die großen DC- und Marvel-Produktionen der letzten Jahre bewusst die Fragen rund um das Individuum in den Hintergrund verlagern, um anschlussfähig an die autoritär geprägten Gesellschaftssysteme in Asien und Osteuropa zu sein. Fast ironisch ist es daher, dass mit Joker ausgerechnet ein Film des Superheldengenres auch als Verbeugung vor eben diesem New Hollywood und Martin Scorsese selbst verstanden werden kann. Der Film von Todd Philipps zitiert gekonnt Scorseses Taxi Driver und The King of Comedy mit Robert De Niro ebenso wie Star Wars: The Empire Strikes Back. Abzuwarten bleibt jedoch, ob Joker die Art der schöpferischen Erneuerung für das Superhelden-Genre ist, die einst New Hollywood für das amerikanische Kino war.

Neben Joker hielt das Jahr 2019 aber noch einige weitere herausragende Filme bereit. Es folgt daher wie gewohnt in chronologischer Reihenfolge meine Liste der Top20-Filme des Jahres 2019. Per Klick auf das Filmposter geht’s zum jeweiligen Trailer. Welche Filme fehlen in dieser Liste? Lasst es mich doch in den Kommentaren wissen!

Maria Stuart, Königin von Schottland

Filmposter Maria Stuart-Königin von Schottland
Film-Genre: Drama | Historie

Kino-Start: 17. Januar 2019
Regie: Josie Rourke
Im Jahr 1559 wird Maria Stuart (Saoirse Ronan) mit 16 Jahren zur Königin von Frankreich und als nur zwei Jahre später ihr Ehemann Franz II. stirbt und sie zur Witwe wird, weigert sie sich, erneut zu heiraten. Stattdessen beschließt sie, in ihre Heimat Schottland zurückzukehren und den Thron zu besteigen, auf den sie einen rechtmäßigen Anspruch hat. Doch die schottische Krone trägt mittlerweile Elisabeth I. (Margot Robbie), die zugleich auch Königin von England ist und den Thron keineswegs an ihre junge Rivalin abtreten möchte. Es kommt zu einem Machtkampf zwischen den beiden Monarchinnen, der eskaliert, als Maria beschließt, ihren Anspruch auch auf den englischen Thron geltend zu machen. Doch beide Königinnen werden auch in die zahlreichen politischen Intrigen und bewaffneten Konflikte ihrer Zeit verwickelt…

Kurzrezension: Zeitgenössische Geschichtsstunde über die starke Persönlichkeit zweier Frauen aus der Feder von Beau Willimon, dem Schöpfer der US-Serie House of Cards. Willimon zeichnet seine Version des Kampfes um die Vorherrschaft auf der britischen Insel als Politthriller mit feministischen Konnotation. Als Grundlage diente ihm dabei die Biographie Queen of Scots: The True Life of Mary Stuart von John Guy. Für Interpretationen offen bleibt allerdings die Frage, ob Frauen in Machtpositionen wirklich so viel anders handeln als männliche Herrscher.


The Favourite – Intrigen und Irrsinn

Filmposter The Favourite
Film-Genre: Drama | Historie

Kino-Start: 24. Januar 2019
Regie: Yorgos Lanthimos
Der englische Königshof im 18. Jahrhundert: England befindet sich im Krieg gegen Frankreich, doch die kranke und geschwächte Königin Anne (Olivia Colman) ist kaum in der Lage die Nation zu regieren. Stattdessen liegt die Zukunft ihres Landes in den Händen ihrer Vertrauten Lady Sarah (Rachel Weisz), die sich neben den Regierungsgeschäften auch noch um Annes Gesundheit kümmert und versucht, deren Launen im Zaum zu halten. Die Monarchin ist nämlich eine anstrengende Person, die sehr impulsiv ist und zu Wutausbrüchen neigt. Bald tritt ein neues Dienstmädchen, Sarahs Cousine Abigail (Emma Stone), die ihren Adelstitel verloren hat, ihre Stelle am Hofe an und übernimmt zunächst niedere Arbeiten. Schnell wird aber Königin Anne auf den Verstand und den Charme der schönen, jungen Frau aufmerksam. Abigail begegnet der Königin mit Schmeicheleien, was Sarah überhaupt nicht passt. So entbrennt zwischen den Cousinen ein erbitterter Kampf um die Gunst der Königin und dem damit verbundenen politischen Einfluss…

Kurzrezension: Dekadentes Kammerspiel über Intrigen, Machtspiele und Einfluss am britischen Hof von Queen Anne. Hervorzuheben sind die schauspielerischen Leistungen aller Akteure: Olivia Coleman spielt die unfähige, teilweise infantile Monarchin überzeugend und auch die Motive der beiden Favoritinnen Sarah und Abigail sind durchweg nachvollziehbar und glaubhaft. Aufgrund der teilweise äußerst skurrilen Szenen eignet sich der Film auch für diejenigen, die sonst eher nicht an historischen Stoffen interessiert sind.


American Factory

Filmposter American Factory
Film-Genre: Dokumentation

Netflix-Start: 25. Januar 2019
Regie: Julia Reichert & Steven Bognar
Das Filmemacher-Gespann Julia Reichert und Steven Bognar widmen sich dem industriellen Niedergang sogenannten Rust Belt der USA. Die Geschichte beginnt zunächst optimistisch: Der chinesischer Milliardär Cao Dewang, Gründer und Vorsitzender von Fuyao Glass Group Industries, kauft ein verlassenes Werk von General Motors in Dayton, Ohio und eröffnet dort eine neue Fabrik: Nun sollen hier Scheiben und andere Glasprodukte für die internationale Automobilindustrie gefertigt werden. Damit schafft Cao Dewang auf einen Schlag 2000 neue Arbeitsplätze. Doch schon bald stellt sich Ernüchterung ein. Nicht nur ihr finanzielle Abstieg macht den Arbeitern zu schaffen. Auch die Arbeit mit dem neuen Management aus China gestaltet sich schwierig. Sicherheits- und Komfortstandards, wie sie die Arbeiter in der hochautomatisierten amerikanischen Industrie gewohnt waren, bedeuten den aus China nach Ohio gebrachten chinesischen Vorarbeitern wenig. Die Kluft zwischen chinesischen Facharbeitern und der amerikanischen Working Class ist einfach zu groß, so dass es bald zu einer konfliktreichen Auseinandersetzung kommt…

Kurzrezension: Clash of Cultures: Die US-amerikanische Dokumentation thematisiert die Übernahme der Fuyao Glass America Inc. durch den chinesischen Mutterkonzern. Dabei werden im Stile einer Tragikkomödie die Nachteile eines grenzenlosen Turbokapitalismus geschildert, die sich insbesondere durch die offensichtliche Inkompatibilität der amerikanischen mit der chinesischen bzw. der jeweiligen Arbeiter und Angestellten zeigt.


The Mule

Filmposter The Mule
Film-Genre: Krimi | Drama

Kino-Start: 31. Januar 2019
Regie: Clint Eastwood
Die Farm des fast 90-jährigen Lilienzüchters und Koreakrieg-Veterans Earl Stone (Clint Eastwood) steht kurz vor der Insolvenz. Da kommt ihm das Angebot eines Bekannten seiner Enkelin Ginny (Taissa Farmiga) gerade recht: Earl soll einfach nur ein Paket quer durch Illinois transportieren und dafür mehrere Tausend Dollar kassieren. Tatsächlich wird Earl somit allerdings zum Drogenkurier eines mexikanischen Kartells. Weil er als betagter Mann für die Grenzpolizisten harmlos erscheint, erledigt er seine Arbeit so gut, dass er danach eine noch größere Ladung transportieren soll – wofür ihm das Kartell den aufstrebenden Julio (Ignacio Serricchio) als Aufpasser zur Seite stellt. Jedoch ist der neue mysteriöse Drogenkurier auch auf dem Radar des ehrgeizigen DEA-Agenten Colin Bates (Bradley Cooper) aufgetaucht. Auch wenn Earls finanzielle Probleme fortan Geschichte sind, lasten doch andere Fehler der Vergangenheit schwer auf ihm. Für Earl ist es an der Zeit, Wiedergutmachung zu leisten, wenn er nicht vorher von den Auftragskillern des Kartells oder der Hand des Gesetzes erwischt wird…

Kurzrezension: The Mule basiert auf einer wahren Geschichte, in der ein fast 90-Jähriger tatsächlich jahrelang Drogen für das Sinaloa-Kartell über die Grenze schmuggelte. Im Mittelpunkt des Dramas stehen allerdings nicht der wahre Kern der Geschichte, sondern vielmehr die Herausarbeitung eines gesellschaftlichen Kontrasts: Earl Stone ist tatsächlich ein Maulwurf, ein Fossil, dass sich in der heutigen Zeit nur noch schwer zurechtfindet. Ohne ein holzschnittartiges „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ ist so ein unterhaltsamer Film entstanden, den Eastwoods Auftritt allein schon sehenswert macht.


Vice – Der zweite Mann

Poster des Films Vice
Film-Genre: Drama | Historie

Kino-Start: 21. Februar 2019
Regie: Adam McKay
Wyoming im Jahr 1963: Der 22-jährige Dick Cheney (Christian Bale) schlägt sich durchs Leben, indem er Stromleitungen repariert. Er ist ein ungelernter Arbeiter, da er das Studium in Yale wegen seiner ständigen Sauferei geschmissen hat. Sein Trunkverhalten hat sich seitdem aber nicht verändert. Nachdem er wegen Trunkenheit am Steuer angeklagt wird, zieht seine Ehefrau Lynne (Amy Adams) die Reißleine. Sie kündigt an, ihn zu verlassen, wenn er sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Daraufhin ergattert Cheney ein Praktikum in Washington. An der Seite des Kabinettsmitglieds Donald Rumsfeld (Steve Carell) beginnt er schließlich eine politische Laufbahn und wird bald sogar zum Verteidigungsminister unter George Bush Sr. ernannt. Seine Karriere wird aber noch steiler und gipfelt in der Kandidatur zum Vizepräsidenten neben George W. Bush (Sam Rockwell). Bald ist es auch Cheney, der nach dem 11. September 2001 die Pläne für einen Krieg gegen den Irak vorantreibt…

Kurzrezension: Das oscarprämierte, satirische Biopic wechselt in rasantem Tempo zwischen Politpersiflage und Enthüllungsstory: Regisseur Adam McKay, der vor drei Jahren mit dem Finanzdrama The Big Short Furore machte, stellt dazu unterhalsame Spielfilmsequenzen mit entlarvendem Dokumentarmaterial über den „Machiavelli der Neuzeit“ zusammen. Herausragend ist überdies die Arbeit der Maskenbildner, Christian Bale ist äußerlich nicht wiederzuerkennen. Dennoch scheint in seinem brillianten Spiel immer wieder die kalte Skrupellosigkeit des Opportunisten Cheney durch.


The Sisters Brothers

Filmposter The Sisters Brothers
Film-Genre: Western

Kino-Start: 07. März 2019
Regie: Jacques Audiard
Herman Kermit Warm (Riz Ahmed) soll sterben. Auftraggeber hinter diesem Mord ist der ebenso mysteriöse wie mächtige Mann, der nur unter dem Namen „Der Kommodore“ bekannt ist. Dessen Handlager Eli und Charlie Sisters sollen diesen Befehl ausführen. Während der skrupellose Charlie (Joaquin Phoenix) dem Whiskey und dem Töten von Menschen sehr zugeneigt ist, kommt der nachdenkliche Eli (John C. Reilly) auf dem Weg von Oregon City zu den Goldminen in der Nähe von Sacramento, wo sie den Aufenthalt von Warm vermuten, über diese unmoralische Art seinen Lebensunterhalt zu verdienen ins Grübeln. Für Zweifel bleibt allerdings nicht sehr viel Zeit, denn die Reise der beiden Brüder wird immer wieder von blutigen Begegnungen unterbrochen. Denn ihr Kontaktmann Jim Morris (Jake Gyllenhaal) ist Herman ebenfalls auf den Fersen und scheint den Sisters Brothers stets einen Schritt voraus…

Kurzrezension: The Sisters Brothers basiert auf dem gleichnamigen Roman des kanadischen Autors Patrick deWitt aus dem Jahre 2011. Den beiden Drehbuchautoren Jacques Audiard und Thomas Bidegain gelingt überdies eine Story mit ungeahntem Humor und Wortwitz gepaart mit subtiler Kritik am US-amerikanischen Waffenkultur und dem Stellenwert von Gewalt im Selbstbild der mächtigsten Nation der Welt. Herausragend sind außerdem in warmen Farben gehaltenen, grandiosen Landschaftsaufnahmen.


Wir

Filmposter Wir
Film-Genre: Thriller | Horror

Kino-Start: 21. März 2019
Regie: Jordan Peele
Adelaide Wilson (Lupita Nyong’o) und ihr Mann Gabe (Winston Duke) möchten mit ihren Kindern Zora (Shahadi Wright Joseph) und Jason (Evan Alex) ein paar entspannte Sommertage an der nordkalifornischen Küste verbringen. Mit ihren Freunden, der Tyler-Familie um Kitty (Elisabeth Moss), Josh (Tim Heidecker) und ihren Zwillingstöchtern Becca (Cali Sheldon) und Lindsey (Noelle Sheldon) haben sie auch einen geruhsamen ersten Urlaubstag am Strand. Doch als die Wilsons zurück in ihrem Ferienhaus sind, stehen am Abend plötzlich seltsame und furchteinflößende Gestalten vor ihrem Heim. Die ungebetenen Besucher jagen ihnen nicht nur große Angst ein, sie sehen den einzelnen Familienmitgliedern auch verstörend ähnlich. Brutal dringen sie schließlich in ihre Welt ein und machen unerbittlich Jagd auf die Wilsons. Adelaide, Gabe, Zora und Jason sind gezwungen, um ihr Überleben zu kämpfen und müssen sich aber gleichzeitig selbst jagen…

Kurzrezension: Schon mit seinem Regiedebüt Get Out aus dem Jahr 2017 verpasste Jordan Peele dem amerikanischen Horrorfilm eine Frischzellenkur. Auch in seinem neuen Spielfilm Wir gelingt es ihm, in perfider Weise klassischen amerikanischen Horror mit beißender Gesellschaftskritik zu verbinden. Heraus kommt ein effektvoll inszenierter und durchweg spannender Thriller ohne billige Jumpscares, dessen Geschichte um Unterdrückung, Benachteiligung und Rebellion kreist. Wieviel Böses steckt in uns selbst? Wirklich beeindruckend ist außerdem Lupita Nyong’o in der Rolle einer Mutter, die nicht nur ihre Angst, sondern auch sich selbst besiegen muss.


John Wick: Kapitel 3 – Parabellum

Filmposter John Wick 3
Film-Genre: Action | Thriller

Kino-Start: 21. Mai 2019
Regie: Chad Stahelski
John Wick (Keanu Reeves) befindet sich auf der Flucht. Nicht nur sind 14 Millionen Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt, er hat auch die Regel aller Regeln gebrochen: Einen anderen Menschen im eigentlich sicherem Bereich des New Yorker Continental Hotels umzubringen. Eigentlich müsste er deswegen längst selbst tot sein, doch Hotelmanager Winston (Ian McShane) gewährte ihm für eine Stunde Gnade, bevor alle unvermeidlichen Folgen eintreten und Wick offiziell aus der Gemeinschaft der Auftragskiller ausgeschlossen wird. Wenn John überleben möchte, muss er sich seinen Weg aus New York City freikämpfen und irgendwo auf der Welt Zuflucht finden. Helfen können ihm dabei nur seine alte Bekannte Sofia (Halle Berry) und jene Frau (Anjelica Huston), die ihn einst aufgezogen und beschützt hat…

Kurzrezension: You think you can take John Wick? You’ve got a nasty surprise coming!“ Parabellum ist der mittlerweile dritte Teil des aktuellen Actionfilm-Benchmarks und reiht in einer wilden Achterbahnfahrt eine atemberaubende Actionszene an die nächste. Besonders in der ersten Hälfte des Films geht es sehr abwechslungsreich und innovativ zur Sache. Dabei verliert John Wick 3 jedoch zu keiner Zeit die feine Linie zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie und das, obwohl die Rahmenhandlung eigentlich sehr abstrus ist. Das Ende des Films kann mit zwar der ersten Hälfte nicht mehr ganz mithalten, dennoch ist John Wick: Kapitel 3 mit das Beste, was das Action-Kino zurzeit zu bieten hat.


Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese

Filmposter Rolling Thunder Review by Martin Scorsese
Film-Genre: Dokumentation

Netflix-Start: 11. Juni 2019
Regie: Martin Scorsese
A Rolling Thunder Revue ist nach No Direction Home: Bob Dylan bereits der zweite von Martin Scorsese inszenierte Dokumentarfilm, der sich mit dem Folkikone Bob Dylan beschäftigt. Damals fokussierte sich Scorsese auf die Anfangszeit des Musikers, hier befasst er sich mit der von Dylan initiierten „Rolling Thunder Revue“. Bei der Tournee, die von Herbst 1975 bis Frühling 1976 stattfand, wurde der spätere Literaturnobelpreisträger von zahlreichen Musikern, Künstlern und Schriftstellern begleitet. Dylans Idee war es, kleine Konzerte für das einfache Volk zu spielen, für Leute, die sonst nie Karten für die vorderen Reihen bekommen würden. Zwar war die musikalische Reise durch die USA kein finanzieller Erfolg, dennoch ist die Rolling Thunder Revue eine der legendärsten Touren der Musikgeschichte.

Kurzrezension: Hierbei handelt es sich nicht um eine lupenreine Dokumentation der Rolling Thunder Revue-Tournee aus den 1970ern. Vielmehr vermischt Regisseur Martin Scorsese, dessen Konzertfilm The Last Waltz über das Abschiedskonzert von The Band als einer besten des Genres gilt, virtuos Tatsachen und Fiktion miteinander. Scorsese kombiniert Archivmaterial mit zahlreichen Interviews von beteiligten und erfundenen Personen, etwa wenn der vermeintliche Regisseur Stefan van Dorp über die Tour berichtet, der selbst jedoch einfach ein Schauspieler ist. Dadurch entsteht ein filmisches Werk mit doppeltem Boden, ein Spiel mit der Fiktionalität, das Bob Dylan selbst vielfach auszeichnet.


The Dead Don’t Die

Filmposter von The Dead Don't Die
Film-Genre: Komödie | Horror

Kino-Start: 13. Juni 2019
Regie: Jim Jarmusch
In der verschlafenen Kleinstadt Centerville stimmt irgendetwas nicht: Der Mond hängt groß und tief am Himmel, das Tageslicht wird unvorhersehbar und Haustiere zeigen ungewöhnliche Verhaltensweisen. Doch niemand kann sich erklären, warum dies so ist. Die Berichte aus den Nachrichten zeichnen ein beängstigendes Bild und Wissenschaftler sind besorgt. Obwohl in der Stadt seltsame Dinge vor sich gehen, sieht niemand die mysteriösen und gefährlichen Ereignisse voraus, die Centerville bald plagen werden: Denn die Toten sterben nicht – sie erheben sich aus ihren Gräbern, greifen die Bewohner brutal an, fressen sie und versetzen die Bürger der Stadt in Angst und Schrecken. Jeder muss nun um sein Überleben kämpfen und die mutigen Polizisten Ronnie Peterson (Adam Driver), sein Vater Cliff Robertson (Bill Murray) und Mindy Morrison (Chloë Sevigny) tun ihr Bestes, um den Bürgern als Freund und Helfer beizustehen, sind aber schließlich völlig überfordert. Offenbar versuchen die Untoten, all das zu machen, was sie auch als Lebende am liebsten getan haben…

Kurzrezension: In der Persiflage The Dead Don’t Die sind die Zombies Widergänger im wahrsten Sinn des Wortes, denn sie kehren zurück, um wirklich den Handlungen nachzugehen, die ihnen vertraut sind. Die Apokalypse, die über die amerikanische Kleinstadt Centerville hereinbricht, kann als Metapher für die großen Probleme unserer Zeit gelesen werden, sei es die Klimakatastrophe oder die soziale Ungleichheit, vor der viele die Augen verschließen. Der Film selbst begegnet diesen Herausforderungen jedoch erstaunlich unhysterisch und mit einem staubtrockenem Humor, der typisch für die Werke von Jim Jarmusch ist.


Once Upon A Time in Hollywood

Filmposter Once Upon a Time in Hollywood
Film-Genre: Drama

Kino-Start: 15. August 2019
Regie: Quentin Tarantino
Hollywood im Jahr 1969: Die große Zeit der Western ist vorbei. Das spürt auch der Serienheld Rick Dalton (Leonardo DiCaprio), dessen Karriere seit einiger Zeit stagniert. Gemeinsam mit seinem Stuntdouble, Chauffeur und besten Freund Cliff Booth (Brad Pitt) versucht Dalton, in der Traumfabrik zu überleben und als Filmstar zu neuem Ruhm zu gelangen. Als ihm der Filmproduzent Marvin Schwarz (Al Pacino) Hauptrollen in mehreren Spaghetti-Western anbietet, lehnt Rick jedoch ab – er will partout nicht in Italien drehen. Stattdessen lässt er sich als Bösewicht-Darsteller in Hollywood verheizen. Während die eigene Karriere weiterhin stockt, ziehen nebenan der neue Regiestar Roman Polanski (Rafal Zawierucha) zusammen mit seiner Frau, der Schauspielerin Sharon Tate (Margot Robbie, ein. Derweil will Cliff seinem alten Bekannten George Spahn (Bruce Dern) einen Besuch auf seiner Ranch abstatten. Dort hat sich inzwischen jedoch die Manson-Family eingenistet. Mit Pussycat (Margaret Qualley) hat der Stuntman jedoch zuvor schon Bekanntschaft gemacht…

Kurzrezension: In Once Upon A Time in Hollywood verbeugt sich Quentin Tarantino ausgerechnet mit den Mitteln des New Hollywood vor der goldenen Ära des klassischen Hollywood-Films, die spätestens mit dem Mord an der hochschwangeren Sharon Tate endgültig zu Ende ging. In lässigem Tempo wird der Alltag des kriselnden Seriendarstellers Rick Dalton gezeigt, der gern ein strahlender amerikanischer Filmheld gewesen wäre, zum Beispiel beim Kampf der US-Army im Zweiten Weltkrieg. Doch die Rolle ging an Steve McQueen und Dalton stand nicht einmal auf der short list. Sein Angestellter und Freund, der Stuntman Cliff Booth, wohnt in einem heruntergekommenen Trailer und ist auch auf dem absteigenden Ast. Tatsächlich ist dieser Film auch einmal mehr der Spiegel einer Spaltung: Auf der einen Seite die Kulturindustrie mit der von ihr zelebrierten Gewalt, auf der anderen Seite das unspektakuläre, wahre Leben. Über allem schwebt als Damoklesschwert die grausame Mordtat, die alles durcheinander bringen wird. Oder doch nicht? Sehenswert!


Synonymes

Filmposter Synonymes
Film-Genre: Drama

Kino-Start: 05. September 2019
Regie: Nadav Lapid
Als der junge Israeli Yoav (Tom Mercier) nach Paris kommt, laufen die Dinge erstmal richtig schlecht für ihn. Er kommt in einer unmöblierten und bitterkalten Altbauwohnungen unter und gerade als er im Badezimmer ist, um sich in der Dusche aufzuwärmen, werden ihm auch noch seine Sachen gestohlen. Nun steht er komplett nackt da, ihm bleibt nichts mehr außer seinem Traum, die Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen und Franzose zu werden. Doch da bekommt er unerwartet Hilfe von dem jungen Pärchen Caroline (Louise Chevillotte) und Emile (Quentin Dolmaire), die in der Etage über Yoav wohnen: Sie nehmen ihn nicht nur auf, sondern kleiden Yoav schließlich in einen schicken gelben Mantel und geben ihm sogar noch Geld sowie ein eigenes Smartphone. So ausgestattet zieht Yoav nun in eine kleine, heruntergekommene Wohnung und verfolgt engagiert weiter sein Vorhaben, Bürger der Grand Nation zu werden. Dafür sucht er sich einen Job als Sicherheitsmann in der israelischen Botschaft und lernt beflissen für den Einbürgerungstest. Doch es ist nicht leicht, neue Wurzeln zu schlagen, denn immer wieder tauchen neue Ärgernisse und Probleme auf. Auch die Geister der Vergangenheit lassen Yoav nicht ganz los…

Kurzrezension: Dem Regisseur und Drehbuchautor Nadav Lapid gelingt ein autobiografisch inspiriertes Filmdrama, dass der Frage nachgeht, ob und wie man seiner eigenen Vergangenheit entfliehen kann. Diese Suche nach der Identität stellt der Hauptdarsteller Tom Mercier in beeindruckenden Szenen dar, die vereinzelt an die Intensität und physische Präsenz eines Tom Hardy erinnern. Zwar ist Israel aus Sicht des Protagonistem dem Untergang geweiht Frankreich ist das mit seinen leeren Worthülsen und dem vergeblichen Laizismus aber auch. Der radikale Bruch mit der eigenen Herkunft, wie er von Yoav zelebriert wird, ist natürlich zum Scheitern verurteilt. Dennoch ist es äußerst erkenntnisreich, ihm dabei zuzusehen.


Deutschstunde

Filmposter Deutschstunde
Film-Genre: Drama

Kino-Start: 28. September 2019
Regie: Christian Schwochow
Deutschland, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Siggi Jepsen (Levi Eisenblätter/Tom Gronau), Insasse einer Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche, bekommt in einer Deutschstunde das Aufsatzthema „Die Freuden der Pflicht“ gestellt und scheitert daran: Er findet keinen Anfang, das Blatt bleibt leer. Der Grund für sein Scheitern liegt jedoch darin, dass er zu diesem Thema zu viel zu sagen hat – im Arrest, der von ihm freiwillig immer weiter verlängert wird, schreibt Siggi nun über seine Kindheit und Jugend, die gerade unter dem Zeichen der „Pflicht“ stand. Siggis Vater Jens Ole Jepsen (Ulrich Noethen) zählte als Polizist im schleswig-holsteinischen Dorf Rugbüll zu den dortigen Autoritäten und war den Pflichten seines Amtes rückhaltlos ergeben. Während des Zweiten Weltkriegs muss er seinem Jugendfreund, dem expressionistischen Maler Max Ludwig Nansen (Tobias Moretti), ein Malverbot überbringen, das die Nationalsozialisten gegen ihn verhängt haben. Jepsen überwacht es penibel und sein zehnjähriger Sohn soll ihm dabei helfen. Doch Nansen widersetzt sich – und baut ebenfalls auf die Hilfe von Siggi, der für ihn wie ein eigener Sohn ist. Anpassung oder Widerstand? Diese Frage wird für Siggi entscheidend…

Kurzrezension: Regisseur Christian Schwochow wagte sich mit seiner filmischen Neuinterpretation des gleichnamigen Romans von Siegfried Lenz an das zentrale Thema der Aufarbeitung des Dritten Reichs: der Frage nach der individuellen Verantwortung. Dabei erweitert der Regisseur den Roman behutsam um eigene Bilder und gibt ihm so noch mehr ambivalente Radikalität, ohne ihn zugleich zu verfremden. Letzteres verdankt der Film insbesondere seiner brillianten Besetzung. Sowohl Ulrich Noethen als auch Tobias Moretti spielen die beiden Protagonisten so intensiv, dass sie mit den Protagonisten verschmelzen. Deutschstunde liefert keine einfachen Antworten und arbeitet nicht mit dem moralischen Zeigefinger. Empfehlenswert!


Joker

Filmposter Joker
Film-Genre: Drama | Thriller

Kino-Start: 10. Oktober 2019
Regie: Todd Phillips
1981 in Gotham City: Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) fristet ein trostloses Leben. Wenn er nicht gerade auf den Straßen von Gotham City als Clown verkleidet für Schlussverkäufe wirbt und dabei von Jugendlichen verprügelt wird, kümmert er sich zuhause hingebungsvoll um seine kranke Mutter Penny (Frances Conroy). Flecks eigene Krankheit wird indes durch die ständigen Demütigungen und Kränkungen immer schlimmer. Mittlerweile schluckt er sogar sieben Psychopharmaka gleichzeitig. Sein Leben nimmt jedoch eine dramatische Wendung, als er von seinem Kollegen Randall (Flenn Flesher) einen Revolver geschenkt bekommt, den er eigentlich gar nicht besitzen darf. Als in der U-Bahn drei betrunkene Yuppies eine andere Passagierin belästigen und sich dann ihm zuwenden, knallt er sie kurzerhand ab – und löst damit unbeabsichtigt eine politische Protestbewegung aus, die gegen die Oberschicht aufbegehrt. Trotz seiner instabilen psychischen Verfassung verfolgt Arthur seine Karriere als Stand-Up-Comedian dennoch weiter und landet schließlich bei seinem großen Idol, dem Late-Night-Talker Murray Franklin (Robert DeNiro). Dieser hat für das Nachwuchstalent jedoch nichts als Spott übrig und führt ihn als unlustigsten Komiker aller Zeiten vor…

Kurzrezension: Abseits der Scheindebatten um angeblich gewaltverherrlichende Szenen ist dem Regisseur Todd Phillips mit Joker eine gesellschaftskritische Origin-Story mit zahlreichen ikonischen Bildern gelungen. Hier ist der Joker nicht das durchtriebene kriminelle Genie mit dem Masterplan aus Christopher Nolans The Dark Knight. Dieser Joker ist insgesamt glaubwürdiger, er ist ein psychisch-kranker Mensch, der sich aufopferungsvoll um seine kranke Mutter kümmert, den in einer durch autoritäre Sparpolitik dahinsiechenden Stadt jedoch niemand wahrnimmt. Arthur Fleck kämpft einen verzweifelten Kampf um Anerkennung. Aber in einer neoliberalen Welt, in der dem Individuum pauschal die Verantwortung für sein eigenes Scheitern gegeben wird („Those of us who’ve made something of our lives, will always look at those who haven’t, as nothing but clowns.“), ist dieser Kampf von vorneherein aussichtslos. Der schauspielerische Einsatz von Joaquin Phoenix ist schlicht beeindruckend! Wenn ihr nur einen Film aus diesem Jahr anschaut, dann Joker von Todd Phillips!


Das Kapital im 21. Jahrhundert

Filmposter Das Kapital im 21. Jahrhundert
Film-Genre: Dokumentation

Kino-Start: 17. Oktober 2019
Regie: Justin Pemberton
Das Kapital im 21. Jahrhundert ist eines der meistdiskutierten Sachbücher unserer Zeit. Der Ökonom Thomas Piketty weist darin auf die Missstände des modernen Kapitalismus hin, der seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er unbestritten die Welt beherrscht und als liberal und demokratisch gilt. Laut Piketty geht die zunehmend größere Konzentration von Kapital und Vermögen nicht unbedingt mit sozialem Fortschritt einher. Im Zuge einer virtuellen Zeitreise ausgehend von der Französischen Revolution über zwei Weltkriege bis heute interviewt Regisseur Justin Pemberton Wissenschaftler und rüttelt damit an nicht weniger als den zentralen Grundsätzen unseres globalen Wirtschaftssystems. Ein radikales Umdenken muss her, denn die zunehmende Vermögens- und Einkommensungleichheit, die den Kapitalismus bereits seit dem 18. Jahrhundert charakterisiert, bedroht nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch unsere liberalen Werte und die Demokratie…

Kurzrezension: Der neuseeländische Regisseur Justin Pemberton inszenziert den historischen Abriss des Ökonomen Thomas Piketty als fesselnde Reise durch die Geschichte des Kapitals. Er zeigt die Bedingungen, die eine unüberwindbare Ungleichheit schaffen und auch heute noch ursächlich für die Bildung gesellschaftlicher Klassen sind. Auch sieht er eine tendenzielle Rückkehr zu Monopolen und damit einhergehend eine Umverteilung des Vermögens von unten nach oben. Zur Untermauerung dieser Thesen bedient sich Pemberton namhafter Wissenschaftler wie Joseph Stiglitz und Francis Fukujama und stellt mithin die Thesen Pikettys in einen größeren Kontext. Zwar bleiben die durchaus kontrovers diskutierten statistische Daten weitestgehend außen vor, der Film ist dennoch ein gelungener Einstieg in das Werk von Thomas Piketty.


Parasite

Filmposter Parasite
Film-Genre: Komödie | Thriller

Kino-Start: 17. Oktober 2019
Regie: Bong Joon-ho
Kim Ki-taek (Song Kang-ho) und seine Frau Chung-sook (Hyae Jin Chang) sind schon längere Zeit arbeitslos und können sich und ihre Familie gerade so mit dem Falten von Pizzakartons über Wasser halten. Am Rande der Gesellschaft lebend sind sie mit Sohn Ki-woo (Choi Woo-shik) und Tochter Ki-jung (Park So-dam) immer auf der Suche nach frei zugänglichem WLAN und öffnen die Fenster weit, wenn die Straßenreinigung auf der Straße Ungezieferbekämpfungsmittel versprüht, um gegen die Kakerlaken in ihrer eigenen Kellerwohnung anzukommen. Aus der Not heraus fälscht der Teenager Ki-woo Zeugnisse und ergattert einen Job als Nachhilfelehrer bei der wohlhabenden Familie Park. Nach und nach gelingt es ihm, auch seiner restlichen Familie Anstellungen bei den Parks zu vermitteln. Doch kann dies wirklich ein Weg aus der sozialen Benachteiligung sein?

Kurzrezension: Mit viel schwarzem Humor zeichnet Bong Joon-ho in seiner Filmsatire ein perfides Sittenbild einer durch Klassen getrennten Gesellschaft: Auf der einen Seite die Familie Kim, die mit Hilfe eines virtuosen Masterplans den eigenen prekären Verhältnissen entfliehen möchte. Auf der anderen Seite die immer freundliche, höfliche und irgendwo sympatische Familie Park, die sogar zum Ausgleich der Inflation ungefragt Gehaltserhöhungen verteilen. Doch trotz des Aufstiegsglaubens und der sozialliberalen Grundeinstellung bricht natürlich auch hier Klassenkampf aus. Aus dieser Konstellation speist sich die gewaltige soziale Sprengkraft dieser bitterbösen Tragikkomödie. Für mich definitiv einer der besten Filme des Jahres!


Le Mans 66 – Gegen jede Chance

Filmposter Le Mans '66
Film-Genre: Drama | Historie

Kino-Start: 14. November 2019
Regie: James Mangold
Henry Ford II. (Tracy Letts) hat das Familienunternehmen seines Großvaters Anfang der 1960er Jahre übernommen. Um amerikanische Autos am von europäischen Herstellern dominierten Weltmarkt zu etablieren, überarbeitete er das Geschäftskonzept mit Hilfe des jungen Visionärs Lee Iacocca (Jon Bernthal) und dem ehemaligen Rennfahrer und Ingenieur Carroll Shelby (Matt Damon). Zusammen kreieren sie den Ford GT40, der Ferrari im 24-Stunden-Rennen von Le Mans schlagen soll – etwas, was bis dato noch keinem amerikanischen Modell zuvor gelungen war. Mit dem britischen Rennfahrer Ken Miles (Christian Bale) arbeiten sie an dem revolutionären Rennwagen, doch die Zusammenarbeit ist komplizierter als anfangs gedacht. Wollen wirklich alle, dass Ken Miles mit dem Ford GT40 als erster über die Ziellinie von Le Mans fährt?

Kurzrezension: Im Mittelpunkt des von James Mangold inszenierten Dramas stehen nicht wie es der englische Originaltitel vielleicht vermuten lässt die hochgezüchteten Rennboliden von Ford und Ferrari, sondern die Menschen und Schicksale dahinter. Da wäre zum einen der Rennfahrer Carroll Shelby, der von heute auf morgen zur Aufgabe seiner Karriere gezwungen wird und zum anderen der idealistische und cholerische aber auch ehrgeizige Ken Miles. Zwar konzentriert sich das Drehbuch auf das menschliche Zusammenspiel dieser beiden Männer, doch auch die Rennszenen sind grandios in Szene gesetzt. Dank der brillianten Kameraarbeit und des eindrucksvollen Sounddesigns spürt der Zuschauer nahezu jede Vibration der Motoren. Dieser Film begeistert tatsächlich nicht nur Rennsport-Fans!


The Irishman

Filmposter The Irishman
Film-Genre: Drama | History

Film-Start: 27. November 2019
Regie: Martin Scorsese
Der irisch-stämmige US-Amerikaner Frank Sheeran (Robert DeNiro) arbeitet viele Jahre als Geldeintreiber und Problemlöser für den Mafiaboss Russell Bufalino (Joe Pesci). Vor seiner Zeit als Gangster kämpfte Frank als Soldat im Zweiten Weltkrieg unter anderem in Sizilien gegen die Achsenmächte, wo er die italienische Sprache lernte. Damals konnte er noch nicht ahnen, dass diese Jahre später seine Eintrittskarte in die Welt des organisierten Verbrechens werden sollte. Auf Empfehlung Russels stellt ihn der mit der Cosa Nostra verbandelte Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino) als seinen Bodyguard ein. Zwischen den beiden Männern entwickelt sich erst Respekt, dann eine enge Freundschaft. Je mehr Jahre ins Land ziehen, desto höher steigt Frank auch in der Hierarchie der Mafia auf und desto grausamer werden die Verbrechen, die er verübt. Dann bekommt er den Auftrag, Hoffa zu ermorden…

Kurzrezension: In seinem neuen, über drei Stunden langen Mafiaepos zeichnet Altmeister Martin Scorsese die Geschehnisse rund um das Verschwinden des Gewerkschaftsführers Jimmy Hoffa im Jahr 1975 nach. Dabei orientiert sich das Drehbuch an den Memoiren I Heard You Paint Houses des realen Frank Sheeran. Der Film selbst ist optisch atemberaubend, düster und intensiv, zugleich aber auch ironisch und an ausgewählten Stellen durchaus witzig. Gegen Ende des Films beschäftigt sich Scorsese selbst mit einigen seiner zentralen Lebensfragen: Ist Reue überhaupt möglich? Was ist ein gutes Leben? Und was, wenn wir das zu spät herausfinden? Durchaus ambivalent sind die digitalen Facelifts, die es ermöglichen, jüngere Versionen von Frank Sheeran darstellen zu können. Dennoch ein sehenswerter Film.


Marriage Story

Filmposter Marriage Story
Film-Genre: Drama

Netflix-Start: 06. Dezember 2019
Regie: Noah Baumbach
Regisseur Charlie (Adam Driver) und Schauspielerin Nicole (Scarlett Johansson) galten in den letzten zehn Jahren als das Traumpaar der New Yorker Theaterszene, mittlerweile haben sie sich aber kaum mehr etwas zu sagen – es ist Zeit für die Trennung. Nicole möchte zurück zu ihrer Familie nach Los Angeles und hat dort bereits bereits eine Rolle in einer TV-Pilotfolge angenommen. Insbesondere ihrem kleinen Sohn Henry (Azhy Robertson) zuliebe wollen die beiden die Trennung friedlich über die Bühne bringen. Aber dann kommen doch Rechtsanwälte ins Spiel – und aus dem nett zurechtgelegten Konsens wird ein erbitterter Streit über die Frage, wo Henry in Zukunft leben wird.

Kurzrezension: Marriage Story beginnt als typisches New Yorker Liebesdrama von Woody Allen. Doch die Anfangsszenen, in den Nicole und Charlie erzählen, was sie am jeweils anderen mögen, trügen. Zu diesem Zeitpunkt sind die beiden schon längst kein harmonisches Paar. Darauf folgt ein einfühlsames Drama im wahrsten Sinn des Wortes. Adam Driver und Scarlett Johansson stacheln sich beide zu Höchstleistungen an es gibt kaum eine Szene, die die beiden nicht mit ihrer Bildschirmpräsenz füllen. Wenn da mal keine Oscar-Nominierung herausspringt! Noah Baumbach ist ein berührendes Scheidungsdrama gelungen, das mit einer der besten Schauspielleistung des Jahres glänzt und trotz seiner eigentlich tragischen Geschichte äußerst unterhaltsam ist.


Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers

Filmposter Star Wars The Rise of Skywalker
Film-Genre: Action | Abenteuer

Kino-Start: 18. Dezember 2019
Regie: J. J. Abrams
Etwa ein Jahr ist seit dem Tod des Obersten Anführers Snoke vergangen. Doch der Widerstand unter der couragierten Führung von General Leia Organa (Carrie Fisher) wird nun mit seiner bisher größten Bedrohung konfrontiert. Dabei sind die tapferen Rebellen den Truppen des Anführers der First Order Kylo Ren (Adam Driver) doch ohnehin schon massiv unterlegen. Ihre Hoffnung ruhen indes auf der letzten Jedi Rey (Daisey Ridley). Diese hat ihr Training zwar noch nicht abgeschlossen, muss nun aber mit ihren Freunden Finn (John Boyega), Poe (Oscar Isaac), Chewbacca (Joonas Suotamo) und C-3PO (Anthony Daniels) auf eine Mission, die den Kampf zwischen Sith und Jedi endgültig entscheiden könnte. Doch dieser Kampf ist zu groß, als dass er von einer kleinen Gruppe gewonnen werden könnte. Bei der letzten Konfrontation wird es die Hilfe sehr ungewöhnlicher Verbündeter brauchen…

Kurzrezension: Der abschließende Teil der sog. Skywalker-Saga ist eines mit Sicherheit: schwierig. Deutlich ist dem Film das Fehlen einer klaren Drehbuchidee anzumerken. Wohin soll die Handlung führen? Wer sind die tragenden Protagonisten? Dadurch wirkt auch die gesamte Trilogie eigentlich überflüssig. Dabei waren die Vorzeichen zunächst gut: Im ersten Teil holte Regisseur J. J. Abrams die alten Fans mit altbekannten Motiven ab, während im zweiten Teil der Autorenfilmer Rian Johnson neue Wege einschlug. Nach der darauffolgenden vernichtenden Kritik beschäftigt sich Der Aufstieg Skywalkers nun im ersten Drittel fast ausschließlich damit, die Entscheidungen seines Vorgängers zu revidieren (vgl. Lichtschwert-Wurf, Kylo Rens Maske), so dass The Last Jedi auf der Ebene der Trilogie fast unbedeutend ist. Viele Protagonisten der beiden früheren Teile wurden zudem zu Nebenfiguren degradiert (Finn, Poe Dameron und Rose Tico) oder auf billige Art und Weise komplett ausradiert (General Hux). Die Idee, den Imperator im Rahmen der Sequel-Trilogie wieder zum Leben zu erwecken, ist per se nicht schlecht, doch taucht dieser tatsächlich nur im letzten Teil auf und somit erscheint die Bedrohung merkwürdig konstruiert. Hinzu kommen dramatische Logikfehler (warum kann Lando Calrissian plötzlich das gesamte Universum mobilisieren?) und eine uninspirierte Story, die das Kinoerlebnis deutlich trüben. Das ist schade, denn aus einer technischen Perspektive ist Der Aufstieg Skywalkers durchaus sehenswert. Nach dem Ende der Skywalker-Saga stellt sich somit die grundsätzliche Frage, ob diese überhaupt nötig war. Warum dieser Film überhaupt in der Top20-Liste auftaucht? Naja, es handelt sich immerhin um Star Wars. Und das Filmplakat ist wirklich gelungen!


Honorable Mentions (nicht so schwierig wie im letzten Jahr):

Fahrenheit 11/9, Glass, Brexit – Chronik eines Abschieds, Green Book – Eine besondere Freundschaft, Der goldene Handschuh, White Boy Rick, Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit, Captain Marvel, Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit, Aladdin, Deadwood: The Movie, Tolkien, Spider-Man: Far From Home, Cambridge Analyticas großer Hack, Holiday, Es: Kapitel 2, Ad Astra – Zu den Sternen, Stan & Ollie, The King, The Report, Doctor Sleeps Erwachen

Filme, die ich 2019 sonst noch so gesehen habe:

Die Frau des Nobelpreisträgers, Robin Hood, Polar, Die Kunst des toten Mannes, Alita: Battle Angel, Galveston: Die Hölle ist ein Paradies, Escape Room, Triple Frontier, Ein Gauner & Gentleman, Dumbo, The Highwaymen, Shazam!, Hellboy – Call of Darkness, The Perfection, X-Men: Dark Phoenix, Avengers: Endgame, Men in Black: International, Shaft, Yesterday, Der König der Löwen, Batman: Hush, Billionaire Boys Club, Fractured, El Camino: Ein „Breaking Bad“-Film

Referenzen

Referenzen
1 RECKWITZ, Andreas, Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, 5. Auflage, Berlin 2018, S. 103.
2 KRACAUER, Siegfried, Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino, in: ders., Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt am Main, 1977, S. 279-294.

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